Willkommen auf meinem Weblog / Welcome to my blog

Es startet die Entdeckungstour auf verschlungenen Pfaden zu unentdeckten physikalischen Forschungen und Themen, die sich ergebnislos im Gespräch befanden und deren Rätsel durch dieses Blog kaum gelöst, aber zumindest gemeinsam etwas bedacht und besprochen werden können. Was sonst noch als bedeutsam im Leben oder der Umgebung wahrgenommen wird, landet hier auch. Der Leser kann selber problemlos kommentieren - was als Feedback und Ergänzung der Artikel wünschenswert wäre.
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A short translation of the article in English You find at the end of the blog.

Montag, 10. Mai 2010

Synchrotron



Bei einem Synchrotron handelt es sich um einen Teilchenbeschleuniger, in welchem geladene Teilchen, d.h. Elektronen oder Ionen, auf geschlossenen Bahnen gezwungen und bei jedem Umlauf beschleunigt werden, so dass hohe Geschwindigkeiten und damit große Kinetische Energien möglich sind.

Aufbau und Wirkungsweise eines Synchrotrons oder auch Kreisbeschleunigers

Ein Synchrotron besteht aus einer Vielzahl von Ablenkmagneten, die in einer kreisförmigen Anordnung aufgestellt sind und den Strahllauf auf einer geschlossenen Bahn halten. Zwischen den Magneten bleibt genügend Platz für eine oder mehrere Beschleunigungsstrecken. Die Teilchenbahn ist somit durch den Aufbau fest vorgegeben. Damit die Teilchen diesen idealen Orbit durchfliegen, werden zusätzliche Fokussierungsmagnete eingebaut. Während der Beschleunigung wird die Magnetfeldstärke synchron mit der Teilchenenergie erhöht. Da das Synchrotron nicht bei beliebig kleiner Strahlenergie arbeiten kann, muss der Teilchenstrahl zuerst in einem Vorbeschleuniger, z.B. einem Linearbeschleuniger,  beschleunigt werden. Dann kann er bei minimalem Magnetfeld in das Synchrotron injiziert werden. Dafür verwendet man einen Injektionsmagnet oder auch Kickermagnet, der durch einen kurzen magnetischen "Kick" die Teilchen auf die Synchrotronkreisbahn lenkt. Während des Beschleunigungsvorgangs wird die Magnetfeldstärke der Ablenkmagnete entsprechend der Teilchenenergie erhöht. Ist die Endenergie erreicht, können die Teilchen durch einen sehr schnell gepulsten Ejektionsmagneten, siehe Kickermagnet, ausgelenkt werden. Danach werden dieTeilchen zu den Experimenten geleitet.
Siehe auch:
http://gerhardkemme.blogspot.com/2010/05/synchrotron-detektoren.html
Ablenkungs- und Fokussierungsmagnete
Im Folgenden werden verschiedene Arten von Magneten vorgestellt, die in einem Beschleunigersystem zum Einsatz kommen. Man unterscheidet hierbei vier Arten von Magneten:

Dipolmagnete, um die Flugrichtung eines Teilchenstrahls zu verändern
Beschleunigte Teilchen müssen in Speicherringen auf die Kreisbahn bzw. zu den einzelnen Experimentieranlagen gelenkt werden. Hierfür verwendet man Dipolmagnete.
Bewegt sich ein elektrisch geladenes Teilchen durch ein Magnetfeld, erfährt es 
eine Kraft senkrecht zu Bewegungs- und Magnetfeldrichtung, die sogenannte Lorentz-Kraft. Die Ablenkung des Teilchens hängt von seiner Ladung und der Richtung des Magnetfeldes ab.
Dipolmagnete bestehen aus einem U-förmigen Eisenjoch, um dessen Enden Magnetspulen gewickelt sind. Im Zwischenraum bildet sich so ein homogenes Magnetfeld aus. Hier befindet sich die Vakuumröhre in der sich die Teilchen bewegen.
Auf Grund hoher Teilchenimpulse müssen Dipolmagnete starke Magnetfelder erzeugen, da der Bahnradius der Teilchen sonst zu groß würde. Um diese Feldstärken zu erreichen, werden immer häufiger supraleitende Spulen verwendet. Durch diese Spulen können höhere elektrische Ströme verlustfrei fließen und somit stärkere Magnetfelder - ohne die im Vergleich zu herkömmlichen Magneten großen Energieverluste - erzeugt werden, z.B. solche mit 5 bis 8 Tesla.

Quadrupol- und Sextupolmagnete, zur Fokussierung eines Teilchenstrahls
Der Teilchenstrahl der Beschleuniger sollte sich auf der idealen Bahn im Zentrum der Vakuumröhren bewegen. In der Praxis ist der Strahl jedoch immer etwas von diesem sogenannten idealen Orbit entfernt. Damit der Strahl nicht zu weit abweicht und letztendlich verloren geht, muss er fokussiert werden. Hierzu verwendet man Quadrupol- und Sextupolmagnete.
Quadrupolmagnete
Quadrupolmagnete bestehen aus vier Eisenkernen. Um die Eisenkerne sind vier Spulen gewickelt. Durch den Spulenstrom bilden sich zwei Südpole und zwei Nordpole aus. Im idealen Orbit heben sich die Wirkungen der Magnetfelder gegenseitig auf. Durchfliegen Teilchen den Magneten nicht im idealen Orbit, erfahren sie eine Lorentz-Kraft. Je nach Lage werden sie zum idealen Orbit gelenkt bzw. vom ihm weggelenkt. Auf Grund des Feldlinienverlaufs wirken Quadrupolmagnete in einer Richtung fokussierend und in der dazu senkrechten Richtung defokussierend. Man bringt in einem Beschleuniger daher meist zwei Quadrupolmagnete hintereinander an, diese aber um 90° zueinander verdreht, so dass sie in Kombination den Strahl fokussieren. Quadrupolmagnete wirken auf Teilchenstrahlen fast wie fokussierende Linsen optischer Systeme auf Licht.
Sextupolmagnet
Der Quadrupolmagnet fokussiert die Teilchen, so dass sie im idealen Orbit fliegen. Der Sextupolmagnet hingegen fokussiert Teilchen, die auf Grund ihrer unterschiedlichen Impulse durch den Quadrupolmagneten in Flugrichtung defokussiert wurden. Der Sextupolmagnet ist vergleichbar mit einer "Farbkorrektur" eines besseren optischen Systems.

Kickermagnete, um Teilchenpakete aus dem Beschleunigungssystem zu lenken.
Kickermagnete sind spezielle Dipolmagnete. Sie werden eingesetzt, um beschleunigte Teilchen aus dem Beschleunigungssystem oder in das Beschleunigungssystem zu lenken. Kickermagnete müssen innerhalb von ca. 10-7 Sekunden das Ablenkmagnetfeld erzeugen, damit nur ein Teilchenpaket abgelenkt wird.
Daher werden Kickermagnete nicht mit Eisenkernen, sondern mit Ferritkernen ausgestattet. In Ferrit entstehen beim Magnetisieren keine Wirbelströme, die die "Aufbauzeit des Feldes" verlängern würden. Ähnlich verzögernd würden die vielen Windungen der Magnetspule wirken. Man verwendet daher nur eine Spulenwindung und vergrößert die Stromstärke in dieser Windung gegenüber einer normalen Spule entsprechend.

Wiggler-Magnete, um Synchrotronstrahlung zu erzeugen.
Wiggler-Magnete werden zur Erzeugung von Synchrotronstrahlung verwendet. Ein Wiggler-Magnet besteht aus mehreren kurzen Ablenkmagneten abwechselnder Polarität. Durchfliegt ein Elektron den Wigglermagneten, wird es mehrmals abgelenkt und gibt dabei Energie in Form von Synchrotronstrahlung ab. Die einzelnen Strahlablenkungen sind dabei sehr klein, die entstehende Strahlung summiert sich aber zu hoher Intensität. Die Synchrotronstrahlung ist scharf in Flugrichtung gebündelt.

Beschleunigerbausteine
Um den zu beschleunigenden Teilchen höhere Energien zuzuführen, wurden die Teilchen nicht nur durch ein einziges elektrisches Feld beschleunigt. Die Teilchen sollten hintereinander viele kleine Spannungsdifferenzen ausnutzen. Diese Überlegungen führten zum Bau von Driftröhrenstrukturen.
Driftröhren
Ein Teilchen wird zu einer ersten geladenen Röhre (Driftröhre) hin beschleunigt. Durchfliegt das Teilchen die erste Röhre, wird diese umgepolt. In der Röhre herrscht kein elektrisches Feld, so dass das Teilchen nicht beeinflusst wird.
Zwischen der ersten und zweiten Röhre wird das Teilchen weiterbeschleunigt. Ist das Teilchen in der zweiten Röhre, wird wieder umgepolt, zwischen der zweiten und dritten Röhre wird das Teilchen wieder beschleunigt usw.
Die Teilchen werden immer schneller. Damit eine Wechselspannung mit konstanter Frequenz verwendet werden kann, muss die Länge der Röhren zunehmen. Die Teilchen durchfliegen so die Röhren immer beim Umpolen der Spannung.
Haben die Teilchen annähernd Lichtgeschwindigkeit erreicht, bleibt die Röhrenlänge konstant, da die zugeführte Energie zu keiner wesentlich größeren Geschwindigkeitsänderung mehr führt.
Runzelröhren
Haben die Teilchen "fast" Licht- geschwindigkeit erreicht, ist ein anderer Beschleunigungsmechanismus effektiver.
Man sendet elektrische Hochfrequenz-Wellen so in eine runde Metallröhre, dass ein beschleunigendes elektrisches Feld entsteht, das sich synchron zu den sich bewegenden Teilchen ausbreitet. Die Hochfrequenzwellen werden von sogenannten Klystrons erzeugt. Das Teilchen wird dadurch ständig beschleunigt, es "reitet" auf der elektromagnetischen Welle.
Da die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle (Lichtgeschwindigkeit!) größer ist als die der Teilchen ("fast" Lichtgeschwindigkeit), baut man in die Röhre Irisblenden ein (im Abstand einer halben Wellenlänge), um diese zu "bremsen". So wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle an die der Teilchen angepasst.
Die gesamte Struktur besteht aus vielen solchen, durch Irisblenden getrennten Kammern und wird als Runzelröhre bezeichnet.
In Kreisbeschleunigern werden kurze Beschleunigungsstrecken benötigt , die aus einigen Kammern bestehen, man nennt sie Kavitäten.

Beschleunigung mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen

Ähnlich wie ein Surfer auf einer Wasserwelle reitet, "reiten" geladene Teilchen auf elektromagnetischen Wellen.
Teilchen, die sich näher an den Wellenbergen und -tälern befinden, erfahren einen größeren Energiezuwachs. Teilchen die sich näher an der "Wellenmitte" befinden, erfahren einen geringeren Energiezuwachs. Das ganze Teilchenbündel wird somit zusammengehalten, da - anschaulich gesprochen - bzgl. dem Mittelfeld eines Bündels die zurückfallenden Teilchen angeschoben und die vorauseilenden Teilchen etwas gebremst werden. Mit dieser Technik kann z.B. in Elektronen-LINAC`s eine Energie von 15 MeV pro Meter (!) zugeführt werden.

Linearbeschleuniger
Die ersten Teilchenbeschleuniger, die entwickelt wurden, besaßen eine gerade bzw. lineare Beschleunigungsstrecke. Man nennt diese Art von Beschleunigern daher auch Linearbeschleuniger oder auch LINAC (LINear ACcelerator). Mit den ersten LINACs wurden ausschließlich Elektronen beschleunigt.
Aufbau eines modernen Elektronen-LINACs:
In einer Teilchenquelle werden die Elektronen aus einer Glühkathode emittiert, die meist im Pulsbetrieb läuft, d.h., dass eine beschleunigende Spannung zwischen der Kathode und der Anode nur für einige Mikrosekunden eingeschaltet wird, und nur innerhalb dieser Zeit Elektronen emittiert werden. Danach werden die Elektronen durch Runzelröhren beschleunigt. Die ersten Elektronen-LINACs verwendeten noch Driftröhren oder Van de Graaff- Generatoren.
Der Elektronenstrahl wird zu Beginn durch lange zylindrische Spulen (Solenoidmagnete) fokussiert. Erst wenn er höhere Energien erreicht hat, verwendet man die effektiveren Quadrupolmagnete.
Am Ende des Beschleunigers wird der Elektronenstrahl zu den einzelnen Experimenten hin abgelenkt. Die Endenergie der Elektronen hängt von der Länge des Beschleunigers ab.

Kontrolle und Steuerung des Teilchenstrahls
Während des Betriebs geht von einem Teilchenbeschleuinger starke elektromagnetische Strahlung aus, z.B. Röntgenstrahlung. Alle Einstellungen und Messungen müssen deshalb von entfernten Kontrollräumen ausgeführt werden. Die Kontrolleinrichtungen einer Beschleunigeranlage haben im wesentlichen die Aufgabe, das Vakuum im Strahlrohr und die exakte Teilchenbahn zu überwachen.
Von den Kontrollräumen aus wird ununterbrochen die Position des Teilchenstrahls im Strahlrohr überprüft. Hierzu verwendet man vier Elektroden, die vom Zentrum des Strahlrohres den gleichen Abstand besitzen. Beim Durchlaufen erzeugt der Strahl auf Grund seiner elektrischen Ladung in den Elektroden Spannungsimpulse. Sollte der Strahl sich nicht im Zentrum befinden, sind diese unterschiedlich. Der Kontrollrechner steuert - sobald ein solches Signal auf eine Abweichung hinweist - Ablenkmagnete so an, dass der Strahl wieder auf seine gewünschte Bahn (idealer Orbit) gelenkt wird. Von den Kontrollräumen aus wird auch der Druck in den Vakuumröhren geprüft, um eventuelle Lecks zu finden und schließen zu können. Neben der Position des Teilchenstrahls werden ständig noch eine Reihe weiterer Strahlparameter gemessen, wie z.B. die Stärke des Strahlstroms, Strahlgröße oder das Frequenzspektrum des Strahls.

Das Vakuum im Strahlrohr
In den Strahlrohren muss ein extrem hohes Vakuum (10^-6 bis 10^-10 hPa) herrschen. Ohne dieses "gute" Vakuum würden die beschleunigten Teilchen an zu vielen vorhandenen Gasmolekülen gestreut werden und so zu weit aus dem idealen Orbit gebracht getragen werden und damit dem Beschleunigungssystem verlorengehen. Bei Kreisbeschleunigern (bzw. Speicherringen) ist ein Ultra-Hoch-Vakuum (ca. 10^-10 hPa) nötig, da die Teilchen das Beschleunigersystem sehr oft durchlaufen und sich damit die Wahrscheinlichkeit, an ein vorhandenes Gasmolekül zu stoßen, ansteigt. So beträgt - trotz des sehr guten Vakuums im HERA-Ring bei DESY - die Anzahl der noch vorhandenen Gasmoleküle etwa 100 000 pro cm³! Das klingt viel, aber ist  verglichen mit 27 000 000 000 000 000 000 pro cm³ bei normalem Luftdruck doch gering. Ein Vakuum zu erzeugen, das die obigen Bedingungen erfüllt, erfordert extrem hohen technischen Aufwand. Die Herstellung der Vakuumkammern erfordert neben speziellen Schweiß- und Löttechniken vor allem spezielle Verfahren zur Reinigung der Oberflächen. Die Vakuumkammern müssen chemisch gereinigt werden, da sich Verunreinigungen der Kammern nur sehr langsam im Vakuum lösen. Dies hätte eine andauernde Verschlechterung des Vakuums zur Folge. Nach der chemischen Reinigung werden die Kammern unter Vakuum auf ca. 400°C aufgeheizt, damit an der Vakuumkammer gebundene Moleküle gelöst und abgesaugt werden.
In Kreisbeschleunigern tritt ein weiteres Problem auf: Die Synchrotronstrahlung. Diese trifft auf die Wände der Vakuumkammern und führt zu starken lokalen Temperaturunterschieden. Dadurch können sich gebundene Moleküle von der Kammeroberfläche lösen und das Vakuum verschlechtern. Um dies zu vermeiden, werden an solchen Stellen wassergekühlte Absorber angebracht, die die Synchrotronstrahlung absorbieren und den Temperaturunterschied ausgleichen.
Das Vakuum selbst wird in mehreren Arbeitsschritten erzeugt, d.h. durch Hintereinanderschaltung unterschiedlicher Pumpen stufenweise verbessert. Im ersten Schritt verwendet man konventionelle Rotationspumpen. Danach Turbomolekularpumpen und schließlich Ionengetterpumpen. Die Ionengetterpumpen sind über das ganze Beschleunigungssystem verteilt und arbeiten andauernd, um das erzeugte Vakuum aufrechtzuerhalten.

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